Stellt euch vor, da könnten auch 4 Frauen an der Spitze stehen

Zum 8. März haben die grüne Frauensprecherin Judith Schwentner und Eva Glawischnig eine Kampagne zu “Mehr Frauen an die Spitze!” präsentiert. Dazu ist eine Diskussion auf Twitter und Facebook entstanden – und weil ich jene, die nicht auf Facebook sind und das deshalb nicht lesen können ja nicht ausschließen will, hier nochmal mein Kommentar dazu:

Die Vorwürfe an das Sujet respektive Grüne aus den sozialen Netzwerken: das Plakat macht Männer lächerlich, bedient den Sexismus und behauptet, ein weiblicher Strache wär besser.

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Meine Antwort darauf:

Nein, ein weiblicher Strache wär natürlich um gar nix besser – Frauen sind keine besseren Menschen als Männer, aber das will dieses Sujet auch nicht vermitteln.

Es geht um die Selbstverständlichkeit, mit der Spitzenpositionen nach wie vor Männern zugeschrieben werden – siehe auch die Frauenpräsenz bei den gerade bewältigten Landtagswahldiskussionen. Bei einer reinen Männerrunde wird das nach wie vor kaum hinterfragt, sitzen da mal mehrheitlich oder gar nur Frauen, wird darauf reagiert.

Die Präsenz von Frauen in Spitzenpositionen und Medien hat einen großen Einfluss auf Rollenbilder. So hat sich in Deutschland die immer wieder gestellte Frage, ob eine Frau in der Lage ist, Kanzlerin zu sein, inzwischen selbst ad absurdum geführt: auf dieser Ebene wird das nicht mehr angezweifelt, auch auf internationaler Ebene hat sich da einiges bewegt. Das ist nur ein kleiner, aber dennoch ein notwendiger Schritt – die Bewertung Merkels (der ich politisch nix abgewinnen kann, falls das hier jemandem unklar sein sollte 😉 erfolgt trotzdem häufig auf sexistischer Ebene. Und nur weil sie an der Spitze steht heißt das noch lang nicht, dass die Strukturen dahinter durchlässig oder paritätisch besetzt sind.

 

Und zum Sujet selbst: klar ist das eine stereotype Darstellung von Frauen (ich finde den Maggie-Thatcher-Rosenkranz-Style jetzt auch nicht so äh… prickelnd 😉 ) und die Dekonstruktion genau dieser Stereotype ist sehr wichtig. Gleichzeitig sind aber es aber genau solche Kategorien anhand derer gesellschaftlich in männlich/weiblich eingeteilt wird (Frisur, Makeup, Kleidung). Das zu ignorieren und so zu tun als wäre bereits ein queerer Normalzustand eingetreten bedeutet, die realen gesellschaftlichen (Herrschafts)Verhältnisse auszublenden.

 

Im Übrigen find ich den Vorwurf, das Plakat würde Männer lächerlich machen etwas seltsam – das rekurriert doch erst recht wieder auf ein (zu dekonstruierendes) Geschlechterbild.

Nachtrag zum Bundeskongress

Der grüne Bundeskongress ist schon über eine Woche her, aber nach dem ganzen Wahllistenerstellungstrubel hat mich gleich wieder die Uni voll erfasst (schließlich wärs ja nicht schlecht wenn ich mein Soziologiestudium noch vor dem Einzug in den Nationalrat abschließen würde). Und es ist auch gar nicht so schlecht, diesen Blogeintrag mit etwas Abstand zu schreiben. Letzten Sonntag hätte ich wohl nur geschrieben: ich fass es nicht, juchu, juchu, Moment mal, ist das echt passiert? 😉

Die Listen sind damit komplett. Ich freue mich sehr über den 6. Listenplatz, auf den ich gewählt wurde – aus zwei Gründen. Auf einem offenen Platz wurde erst einmal eine Frau gewählt: die grünen Statuten sehen vor, dass eine 50%-Quote an Frauen auf den Listen nicht unterschritten wird. Damit die Frauen dann nicht alle auf den hinteren Plätzen landen, gibt es einen Reißverschluss: abgewechselt wird Frauenplatz – offener Platz. Üblicherweise werden auf den offenen Plätzen auf der Bundesliste nur Männer gewählt – außer 1995: da gewann Ulrike Lunacek auf den 7. Platz gegen 7 Männer. Der 6. Listenplatz ist ein sehr fixes Mandat, und auch ein deutliches Zeichen: bei den Grünen können auch junge, neue Leute einsteigen. Julian Schmid, der auf 8 gewählt wurde und 4 Jahre jünger ist als ich, beweist das ebenso. Das Gute an so einem Bundeskongress ist, dass tatsächlich gewählt wird. Hier bestimmt keine Parteispitze, wer wo auf der Liste steht. Und ich möchte mich hier auch noch mal ausdrücklich für das Vertrauen der grünen Delegierten bedanken – ich werde mein Bestes geben.

Ich persönlich hätte mir gewünscht, dass Michel Reimon auch auf einen wählbaren Listenplatz kommt. Er ist ein ausgezeichneter Analytiker und bringt immer eine etwas andere Perspektive ein. Und sein erklärtes Ziel war es, die Sozialpolitik innerhalb der Grünen zu verstärken. Die Reaktionen auf die Listenwahl waren vor allem durch zwei Kommentare geprägt: ah, die Grünen verjüngen sich und omg, die hauen den Öllinger raus. Karl Öllinger ist auf der Wiener Landesliste auf dem 6. Platz und ich bin mir sicher, dass er auch wieder in den Nationalrat kommt.

Unabhängig von der personellen Zusammenstellung ist für mich aber klar: In den nächsten 5 Jahren wird sich entscheiden, welche Richtung die Politik nicht nur in Österreich, sondern in ganz Europa einschlägt. Wir brauchen einen radikalen Systemwechsel. Keine notdürftigen Pflaster. Wenn wir dieses kaputte System aushebeln wollen, müssen wir bei der Verteilung ansetzen. Bei Bildung, beim Vermögen, beim Wohnen, bei der Gesundheit, bei den Einkommen. Dafür gehe ich in die Parteipolitik, das sind die Themen die wir setzen müssen.

Wer sich meine Rede anhören mag, sie hat inzwischen ihren Weg auf youtube gefunden:

P.S.:
Ich weiß ja, don’t feed the trolls (es ist erstaunlich mit wie vielen der standard.at-poster(_innen) ich angeblich schon persönlich gesprochen habe!). Eines möchte ich ein einziges Mal festhalten: Entgegen anders lautender Behauptungen habe ich seit ich 17 bin immer gearbeitet. Um mir mein Studium, mein Leben und meine ehrenamtliche Arbeit zu finanzieren. In Restaurants, Bars, einer Telefonzentrale, Büros, einem Forschungsprojekt. Ich habe die Bundeskoordination für die Grünen & Alternativen Student_innen gemacht, aber sowas hängt man in der GRAS nicht an die große Glocke. Ich habe in vielen lokalen, bundesweiten und internationalen Gremien gearbeitet. Der ÖH-Vorsitz bedeutet Personalverantwortung gegenüber 14 Angestellten und mehr als 50 ehrenamtlichen Mitarbeiter_innen, Budgetverantwortung über ca. 1,5 Millionen Euro. Und die Verantwortung gegenüber mehr als 300.000 Studierenden in Österreich. All diese Arbeit ist der Grund, warum ich mein Studium noch nicht abgeschlossen habe – ich musste im Wintersemester 2011/12 sogar neu beginnen, weil ich mir aufgrund der Wechsel von Innsbruck nach Wien und von einem Diplom- in eine Bachelorstudium nichts anrechnen lassen konnte außer freier Wahlfächer. Nein, ich bin kein behütetes, privilegiertes Kind reicher Eltern.

Auf zum Bundeskongress!

Morgen, Samstag, findet der Bundeskongress der Grünen in Linz statt. Der spannendste Teil dabei ist die Listenerstellung für die Nationalratswahl. Auch die Bundesliste (das ist die Reststimmenliste) wird bei den Grünen gewählt – von knapp 270 Delegierten. Nix da mit Parteivorständen, die beschließen wer wo kandidieren darf, wie das in anderen Parteien der Fall ist.

Ich kandidiere da ja auch und so langsam werd ich auch ein bisserl nervös. 😉

Beworben habe ich mich mit diesem Text. Das Bundesbüro hat dafür ein Limit von 1.800 Zeichen verhängt, wohl um die Botschaften knackig zu halten. Drückt mir die Daumen!

Für eine radikale Veränderung in der Politik! 

In meiner Zeit als ÖH-Vorsitzende habe ich hautnah erlebt, wie Politik in Österreich funktioniert und ich habe erlebt, dass sie nicht funktioniert. Politik in Österreich heißt Stillstand, Ignoranz und Visionslosigkeit. Ich habe mit Politiker_innen verhandelt, die nicht einmal wussten wovon sie sprechen. Proteste werden ausgesessen, Missstände kleingeredet. Die politische Debatte bleibt stets an der Oberfläche.

Ich bin überzeugt: Politik muss radikal sein im Wortsinn – an die Wurzel gehend. Das bedeutet ganz genau hinzusehen, um Probleme dort anzusprechen, wo sie entstehen. Es bedeutet aber auch jenseits von Sachzwängen und kurzfristigen Machbarkeitsanalysen politische Ziele zu formulieren und sie konsequent zu verfolgen. So dreht sich etwa die öffentliche Debatte zum Hochschulsystem immer nur um Zugangsbeschränkungen und Studiengebühren, anstatt darum, wie wir möglichst vielen Menschen den Zugang zu höherer Bildung öffnen können. Wir dürfen uns nicht im Tagesgeschäft verlieren – die Vorstellung von einer freien, gerechten, partizipativen Gesellschaft muss der Maßstab unseres politischen Handelns sein.

Ich will und werde in diesem Prozess nicht Zuschauerin sein. Ich kandidiere für die Grünen im Nationalrat, um für Veränderung zu kämpfen.

Für eine Gesellschaft in der alle Menschen ein selbstbestimmtes Leben führen können, für eine solidarische Gesellschaft, in der Diskriminierung keinen Platz hat.

Wir Grüne müssen eine Gegenbewegung zum herrschenden Politikstil sein. Denn Politik in Österreich kann auch heißen: Bewegung, Offenheit, Kreativität – dafür möchte ich mit Euch  kämpfen!

Listenwahl Tirol

Heute ist die Landesversammlung in Tirol auf der die Liste für die Nationalratswahl gewählt wird. Gewählt werden vier Plätze, wobei auf eins (zumindest ist bis jetzt nix anderes bekannt) nur Georg Willi kandidiert – dass er nicht gewählt wird gilt als recht unwahrscheinlich. In Tirol haben die Grünen bisher immer ein Grundmandat geschafft – dh er wäre (massive Verluste ausgeschlossen)  fix im Nationalrat.

Ab Platz zwei wird’s dann schon spannender: Für dieses Mandat haben bei der letzten Wahl 2008 knapp 8.000 Stimmen gefehlt. Das Wahlergebnis war nicht sehr berühmt, bei der Wahl 2006 warens “nur” 1.000 Stimmen.

Auf diesen zweiten Platz kandidiere ich. Auf diesen Platz kandidiert auch eine zweite, sehr coole junge Frau – Aygül Berivan Aslan. Der Ausgang der Wahl ist ungewiss, aber ich hoffe sehr, dass Aygül in der Politik landet – wurscht wer von uns beiden heute gewählt wird. Jungen, progressiven Input können die Grünen glaub ich immer gut brauchen.

Auf Platz 4 kandidiert Wolfgang Egg.

Die Grünen sind in Innsbruck in der Stadtregierung und machen einen sehr guten Job; die Prognosen haben sich für uns im letzten Jahr stark gesteigert. Dieses zweite Mandat – ein klassisches Kampfmandat – könnten wir dieses Mal erreichen.

Um 13.15 gehts los, drückt mir die Daumen!diegruenen1

Einfach mal 100.000 Studierende streichen

Die Regierung hat gestern die flächendeckende Einführung von Zugangsbeschränkungen bekannt gegeben. So will man das natürlich nicht nennen – Studienplatzfinanzierung ist das Stichwort. Das klingt ja gar nicht so schlecht – Studienplätze müssen ja irgendwie finanziert werden. Und dass die Unis seit Jahren chronisch (und strategisch) unterfinanziert sind hat sich inzwischen herumgesprochen. Oder?

Studienplatzfinanzierung bedeutet, dass pro Studienplatz ein bestimmter Betrag aufgewendet wird. Berechnungsmöglichkeiten gibt es viele unterschiedliche, differenziert nach Fächergruppen, mit unterschiedlichen Sockelbeträgen, Sonderausschüttungen bei Erreichung bestimmter Ziele etc. Die ÖVP und inzwischen auch die SPÖ glauben, dafür Kapazitätsgrenzen festlegen zu müssen. In Österreich wurden bisher zwei Möglichkeiten diskutiert:

1. Sie orientieren sich an den bisherigen Ausgaben – also den “realen Kapazitäten” einzelner Studienbereiche. Defacto wird dabei einfach der bestehende (schlechte) Zustand eingefroren – wurscht ob sich das Interesse am Fach steigert oder sich gesellschaftlich eine höhere Nachfrage ergibt. Dass die nunmehr beschränkte Zahl an Studierenden mit verbesserten Bedingungen rechnen kann, ist auch nicht zwangsläufig der Fall: nur weil Geld pro Studienplatz ausgeschüttet wird bedeutet das nicht, dass es mehr wird.

2. Wie bei den Fachhochschulen bereits üblich könnten sogenannte Bedarfs- und Akzeptanzanalysen herangezogen werden. Damit soll erhoben werden, wie groß der Bedarf an Arbeitskräften in einer bestimmten Bereich gerade ist bzw. bald sein wird und ob die Absolvent_innen vom Arbeitsmarkt akzeptiert werden. Der ehemalige Leiter der FH Joanneum bezeichnete diese Analysen in der Vergangenheit als “höheres Kaffeesudlesen”. Die Festlegung könnte auch politisch erfolgen, zB wenn das Parlament beschließen würde, einen wirtschaftlichen Schwerpunkt auf eine bestimmte technologische Sparte legen zu wollen. Solche Überlegungen gab es schon mehrmals: als Lisl Gehrer zB ihren berühmten Brief ausschickte, um junge Menschen vom Lehramtsstudium abzubringen. Die Auswirkungen sehen wir heute: akuter Lehrer_innenmangel.

Beide Varianten schränken das Recht auf Bildung massiv ein: denn der Staat (bzw. uU vorgelagert die Universität) bestimmt, welche Fächer jemand studieren kann. Damit verbunden ist auch die Weiterentwicklung der verschiedenen Wissenschafts- und Forschungsbereiche. Dazu kommt noch ein weiteres Problem: Universitäten zeichnen sich unter anderem dadurch aus, dass die Lehre forschungsgeleitet erfolgt. Das bedeutet dass die Lehrenden ihre Forschungsprojekte und -ergebnisse in die Lehre einfließen lassen sollen: für ein zeitgemäßes Studium ist das unerlässlich. Doch bereits jetzt gibt es Lehrende an den Universitäten (Lectureres) die zu vielen Stunden Lehre verpflichtet sind und keine Zeit mehr für Forschung und damit für das umfangreiche Studium von Fachliteratur haben. Der Effekt davon ist oft eine wesentlich schlechtere Qualität der Lehre: wenn Studierende zum Zeitpunkt ihres Studiums bereits veraltete Methoden lernen werden diese nach ihrem Abschluss unbrauchbar sein.

Es wäre ebenso möglich, keine Obergrenzen festzulegen. Wie auch in anderen Bereichen gibt es Prognosen für die Entwicklung der Studierendenzahlen. Die entwickeln sich grundsätzlich auch nicht sprunghaft (außer es gibt große Zäsuren wie die Einführung oder die Abschaffung von Studiengebühren…). Es gilt das selbe Prinzip: das Recht, Arbeitslose zu beziehen oder gesundheitliche Behandlung zu erhalten erlischt auch nicht wenn die Töpfe leer sind.

 Einfach mal 100.000 Studis streichen

Was die Regierung allerdings jetzt plant ist noch perfider: sie tut so als würde sie eine Studienplatzfinanzierung einführen und garantieren, dass es nicht weniger Studienplätze gibt als bisher (aber auch nicht wirklich mehr…). Das ist jedoch eine glatte Lüge. Denn als Grundlage für die Berechnung verwenden ÖVP und SPÖ eine eigene, neue Definition von “Prüfungsinaktivität”.

Als prüfungsinaktiv gelten grundsätzlich Studierende, die in einem Semester bzw. Studienjahr keine Prüfung abgelegt haben. Doch die Regierung treibts noch ein bissl bunter: als prüfungsinaktiv wertet sie jene Studierenden, die weniger als 16 ECTS (für Oldies 8 Semesterwochenstunden) im Jahr absolvieren. Also Menschen die eh Prüfungen machen, aber halt nicht viele. Die Gründe dafür sind sehr verschieden, haben aber – oh Überraschung – meist nichts mit der kolportiertenFaulheit zu tun.  Prüfungsinaktiv zu sein heißt nicht zwangsläufig studieninaktiv zu sein – viele Studierende schreiben ihre Abschlussarbeiten (sowas dauert) oder müssen aufgrund von Voraussetzungsketten warten bis eine Lehrveranstaltung wieder angeboten wird.

Der wichtigste Grund für ein langsameres Studium ist aber, dass die große Mehrheit der Studierenden arbeiten muss um sich ihr Studium zu finanzieren. 63% tun das während des Semesters, und zwar durchschnittlich 20 Stunden pro Woche. Ab 11 Stunden Arbeit pro Woche geht die Zeit, die fürs Studium aufgewendet werden kann, stark zurück (für Interessierte: S. 174 SoLa). Falls das jemandem nicht klar ist: ein reguläres Semester ist auf eine 40h-Studienwoche ausgelegt, oft aber auch mehr weil die ECTS-Punkteregelung nicht eingehalten wird.

Laut den Statistiken des Wissenschaftsministerium sind das 100.000 (!!!!) Studierende. Von gesamt ca. 330.000.

Und die Regierung sagt jetzt einfach: hey, ihr 100.000 (!!!!) Student_innen die ihr leider zu hackeln müsst um studieren zu können, wir pfeifen auf euch. Ihr habt es nicht verdient einen Studienplatz zu kriegen. Und außerdem ist das auch für uns voll praktisch, eine win-win-Situation: jetzt können wir so tun als hätten wir ein Betreuungsverhältnis das ok ist und müssen gar nicht (wesentlich) mehr zahlen und haben gleichzeitig auch noch 100.000 Studis rausgehaut. Nix mit 2% BIP für die Hochschulen bis 2020. Dass Hochschule und Wissenschaft seit vielen vielen Jahren kaputt gespart wird ist bekannt. Der selbe Weg wird jetzt einfach unter dem Titel Studienplatzfinanzierung weiter fortgeführt.

Welche Auswirkungen die Aufnahmeverfahren, die angekündigt wurden auf die Entwicklung der Studierendenzahlen und die Sozialstruktur der Studi-Population haben werden werd ich noch beschreiben.

Ich kandidiere

Ja, ich kandidiere für die Grünen für den Nationalrat. Ich vermute, das ist jetzt nicht soo die Riesenüberraschung, Spekulationen gab es ja schon lange. Aber ich wollte diese ja nicht ganz unwichtige Entscheidung in Ruhe selbst treffen.

Warum ich kandidiere:

In meiner Zeit als ÖH-Vorsitzende habe ich hautnah erlebt, wie Politik in Österreich funktioniert. Sie funktioniert nämlich nicht. Bei unserem ersten Termin mit dem damaligen Wissenschaftsminister Hahn begrüßte er uns mit den Worten “Ja, Sie sind ja nicht von meiner Fraktion”. Bei den folgenden Terminen planten wir immer 10 Minuten dafür ein, ihm (möglichst unauffällig) zu erklären, worums überhaupt geht. Fachkenntnis war genauso wenig vorhanden wie Interesse. Dieses Bild setzte sich fort – in Scheinverhandlungen mit Faymann und Pröll, in Diskussionen mit den Rektor_innen, bei den Protesten gegen die Kürzung der Familienbeihilfe, beim Hochschuldialog.

Begleitet wurden diese Eindrücke von den Erzählungen frustrierter Beamt_innen, deren Vorschläge und Expertise es nur sehr selten in die höheren Sphären der Ministerien schaffen. Von Journalist_innen, die zum zigsten Mal die selben Geschichten zu Studiengebühren und Zugangsbeschränkungen schrieben. Und von tausenden Studierenden, die nicht verstehen konnten, dass sich die Verantwortlichen so einfach aus der Affäre ziehen konnten.

Die öffentliche Debatte bleibt in Österreich stets an der Oberfläche. Die Maßnahmenpakete der Regierung dienen oft nicht nur der politischen Verwaltung eines schlechten Ist-Zustandes sondern verschärfen grundlegende Probleme noch weiter. Österreich ist ein Land des Wurschtelns.

Ich bin überzeugt: Damit sich langfristig etwas zum Besseren bewegen kann, muss Politik radikal sein im wahrsten Wortsinn – an die Wurzel gehend. Das bedeutet ganz genau hinzusehen, um Probleme dort erkennen und ansprechen zu können wo sie entstehen. Und es bedeutet jenseits von Sachzwängen und kurzfristigen Machbarkeitsanalysen politische Ziele zu formulieren und sie konsequent zu verfolgen. So dreht sich etwa die öffentliche Debatte zum Hochschulsystem immer nur um Zugangsbeschränkungen und Studiengebühren, anstatt darum, wie wir möglichst vielen Menschen den Zugang zu höherer Bildung öffnen können.

Politik hat einen beschissenen Ruf. Bei Diskussionen in Lehrveranstaltungen bekomme ich manchmal das Gefühl, Politik wäre etwas anrüchiges, etwas das man_frau nicht tut. Dass 2013 viele Wähler_innen Stronachs Erzählung von Wirtschaftskompetenz aufsitzen werden*, kommt nicht von ungefähr – ein Fünftel wünschte sich bei der Wertestudie 2009 einen “starken Mann”, der sich nicht um Parlament und Wahlen kümmern muss. Ich traue mich wetten, der Wert wäre heute noch höher. Für ein Land, das sich der Aufarbeitung seiner Geschichte weitgehend verweigert hat, kommt das nicht ganz unerwartet. Aber es kann so nicht bleiben.

Ich will und werde nicht Zuschauerin sein in diesem Prozess. Ich habe beschlossen für den Nationalrat für die Grünen zu kandidieren um diesem Politikstil und der inhaltlichen Leere österreichischer Politik etwas entgegenzusetzen.

In den nächsten Wochen und Monaten werde ich auf diesem Blog genauer beschreiben, wofür ich kämpfen will, welche Rolle social media im parlamentarischen Prozess spielen könnte und viele andere Gedanken zu Politik und Gesellschaft.

Ich kandidiere in Tirol auf Platz zwei und im Bund voraussichtlich ab Platz drei. Dabei entscheiden jeweils die Landesversammlung bzw. die Delegierten für die Bundesversammlung wer auf welchen Platz gereiht wird. Drückt mir die Daumen!

*damit rechne ich fix, außer es taucht noch eine gröbere Steuerhinterziehung oder ähnliches auf…