Nachtrag zum Bundeskongress

Der grüne Bundeskongress ist schon über eine Woche her, aber nach dem ganzen Wahllistenerstellungstrubel hat mich gleich wieder die Uni voll erfasst (schließlich wärs ja nicht schlecht wenn ich mein Soziologiestudium noch vor dem Einzug in den Nationalrat abschließen würde). Und es ist auch gar nicht so schlecht, diesen Blogeintrag mit etwas Abstand zu schreiben. Letzten Sonntag hätte ich wohl nur geschrieben: ich fass es nicht, juchu, juchu, Moment mal, ist das echt passiert? 😉

Die Listen sind damit komplett. Ich freue mich sehr über den 6. Listenplatz, auf den ich gewählt wurde – aus zwei Gründen. Auf einem offenen Platz wurde erst einmal eine Frau gewählt: die grünen Statuten sehen vor, dass eine 50%-Quote an Frauen auf den Listen nicht unterschritten wird. Damit die Frauen dann nicht alle auf den hinteren Plätzen landen, gibt es einen Reißverschluss: abgewechselt wird Frauenplatz – offener Platz. Üblicherweise werden auf den offenen Plätzen auf der Bundesliste nur Männer gewählt – außer 1995: da gewann Ulrike Lunacek auf den 7. Platz gegen 7 Männer. Der 6. Listenplatz ist ein sehr fixes Mandat, und auch ein deutliches Zeichen: bei den Grünen können auch junge, neue Leute einsteigen. Julian Schmid, der auf 8 gewählt wurde und 4 Jahre jünger ist als ich, beweist das ebenso. Das Gute an so einem Bundeskongress ist, dass tatsächlich gewählt wird. Hier bestimmt keine Parteispitze, wer wo auf der Liste steht. Und ich möchte mich hier auch noch mal ausdrücklich für das Vertrauen der grünen Delegierten bedanken – ich werde mein Bestes geben.

Ich persönlich hätte mir gewünscht, dass Michel Reimon auch auf einen wählbaren Listenplatz kommt. Er ist ein ausgezeichneter Analytiker und bringt immer eine etwas andere Perspektive ein. Und sein erklärtes Ziel war es, die Sozialpolitik innerhalb der Grünen zu verstärken. Die Reaktionen auf die Listenwahl waren vor allem durch zwei Kommentare geprägt: ah, die Grünen verjüngen sich und omg, die hauen den Öllinger raus. Karl Öllinger ist auf der Wiener Landesliste auf dem 6. Platz und ich bin mir sicher, dass er auch wieder in den Nationalrat kommt.

Unabhängig von der personellen Zusammenstellung ist für mich aber klar: In den nächsten 5 Jahren wird sich entscheiden, welche Richtung die Politik nicht nur in Österreich, sondern in ganz Europa einschlägt. Wir brauchen einen radikalen Systemwechsel. Keine notdürftigen Pflaster. Wenn wir dieses kaputte System aushebeln wollen, müssen wir bei der Verteilung ansetzen. Bei Bildung, beim Vermögen, beim Wohnen, bei der Gesundheit, bei den Einkommen. Dafür gehe ich in die Parteipolitik, das sind die Themen die wir setzen müssen.

Wer sich meine Rede anhören mag, sie hat inzwischen ihren Weg auf youtube gefunden:

P.S.:
Ich weiß ja, don’t feed the trolls (es ist erstaunlich mit wie vielen der standard.at-poster(_innen) ich angeblich schon persönlich gesprochen habe!). Eines möchte ich ein einziges Mal festhalten: Entgegen anders lautender Behauptungen habe ich seit ich 17 bin immer gearbeitet. Um mir mein Studium, mein Leben und meine ehrenamtliche Arbeit zu finanzieren. In Restaurants, Bars, einer Telefonzentrale, Büros, einem Forschungsprojekt. Ich habe die Bundeskoordination für die Grünen & Alternativen Student_innen gemacht, aber sowas hängt man in der GRAS nicht an die große Glocke. Ich habe in vielen lokalen, bundesweiten und internationalen Gremien gearbeitet. Der ÖH-Vorsitz bedeutet Personalverantwortung gegenüber 14 Angestellten und mehr als 50 ehrenamtlichen Mitarbeiter_innen, Budgetverantwortung über ca. 1,5 Millionen Euro. Und die Verantwortung gegenüber mehr als 300.000 Studierenden in Österreich. All diese Arbeit ist der Grund, warum ich mein Studium noch nicht abgeschlossen habe – ich musste im Wintersemester 2011/12 sogar neu beginnen, weil ich mir aufgrund der Wechsel von Innsbruck nach Wien und von einem Diplom- in eine Bachelorstudium nichts anrechnen lassen konnte außer freier Wahlfächer. Nein, ich bin kein behütetes, privilegiertes Kind reicher Eltern.