Zu den falschen Behauptungen der Polizei

Ich bin davon ausgegangen, dass die Polizei eine Stellungnahme auf Nachfrage der Presse über die von mir geschilderten Ereignisse abgeben wird. Was die Polizei aber nun behauptet ist schlichtweg falsch und absurd: Ich habe weder den Marsch blockiert, noch mich gegen einen Beamten gelehnt. Ich wurde bis zu meiner Anhaltung am Minoritenplatz nie aufgefordert mich auszuweisen, und hab mich folglich auch nie geweigert das zu tun. Ich nannte im Gegenteil selbst meinen Namen und Funktion. Dass ich versucht hätte zu flüchten, ist völlig absurd – ich suchte bewusst den Kontakt zur Polizei und wollte die Polizeigruppe inklusive der mitgeführten Person weiter begleiten.

Aber der Reihe nach: sowohl auf derstandard.at als auch in einer APA-Meldung erschienen Stellungnahmen der Polizei. Die APA schreibt:

Die Beamten hätten bereits während des Zusammentreffens des “Marsches für die Familie” mit der Gegendemonstration Maurer – die sie jedoch nicht als Nationalratsabgeordnete erkannten – unter den Protestierenden gesehen. “Sie hat sich gegen Beamte gelehnt und den Marsch blockiert, also eine Störaktion gesetzt”, so eine Sprecherin der Polizei gegenüber der APA. Dann sei sie in der Menge verschwunden.

Es entspricht der Wahrheit, dass ich unter den Demonstrant_innen war. Aber schon bevor sich der „Marsch der Familie“ in Bewegung setzte und die Polizei begann, die Personen vom Platz abzudrängen, befand ich mich – wie gestern beschrieben – am Rand der Demo, und zwar auf der vom Stephansdom aus gesehen linken Seite des Grabens.

Zu keinem Zeitpunkt “lehnte” mich gegen einen Beamten oder blockierte die Polizei sonst in irgendeiner Weise. Das können mehrere Personen bezeugen. Bereits wenige Minuten nachdem der Marsch begonnen hatte, war ich am Eingang der Dorotheergasse angelangt, wo ich für etwa 15 Minuten stehen blieb um (wie beschrieben), eine Anhaltung eines Demonstranten zu beobachten. Ich tauchte also auch nicht in einer Menge unter, sondern stand die gesamte Zeit vier Beamt_innen gegenüber, die sich nicht um mich kümmerten. Es gab auch Wortwechsel zwischen mir und den Beamt_innen: ein Bekannter und ich setzten uns dafür ein, dass eine alte Frau die Dorotheergasse passieren dürfe, um nicht einen großen, für sie anstrengenden Umweg gehen zu müssen.

Die Polizei behauptet weiter:

Am Minoritenplatz hätten die Beamten Maurer, die sich im Zuge anderer Identitätsfeststellungen nach der Rechtmäßigkeit der Amtshandlungen erkundigte, dann als Störerin von zuvor erkannt und sie zur Identitätsfeststellung aufgefordert. “Zu diesem Zeitpunkt hat sie versucht, sich zu entfernen”, erklärte die Sprecherin. Der Polizeibeamte habe versucht, sie an der Flucht zu hindern und daher ihren Arm ergriffen, während sich Maurer von ihm weggedreht habe. Erst bei der erneuten Identitätsprüfung habe sie sich als Nationalratsabgeordnete zu erkennen gegeben und einen Studentenausweis hergezeigt. Ein Mitarbeiter der Verfassungsschutzes habe ihre Identität dann bestätigt, sie sei freigesetzt worden.

Wie gestern beschrieben ging ich der Gruppe von Polizist_innen nach (sie bewegte sich am Minoritenplatz zwischen Landhausgasse und Leopold-Figl-Gasse). Ich nannte meinen Namen und meine Funktion bevor ich fragte, was der abgeführten Person vorgeworfen würde. Ich wurde nicht – wie behauptet – zur Identitätsfeststellung aufgefordert. Ich versuchte weder mich zu entfernen, noch habe ich mich weggedreht. Im Gegenteil, ich hatte ja bewusst den Kontakt gesucht und wollte die Polizeigruppe weiter begleiten.

Zu keinem Zeitpunkt wurde ich aufgefordert, mich auszuweisen – weder bei der Demo am Stephansplatz, noch bei meinem Eintreffen am Minoritenplatz, noch bevor der Beamte mir den Arm auf den Rücken drehte. Vielmehr habe ich selbst meine Identität und Funktion genannt. Erst beim Polizeiwagen wurde ich um einen Ausweis gebeten, den ich selbstverständlich sofort vorzeigte. Ich hatte meinen Parlamentsausweis nicht dabei (der befand sich in meinem Arbeitsrucksack), sondern einen anderen regulären Lichtbildausweis, meinen Studentinnenausweis. Auf Twitter sind Fragen aufgetaucht, warum ich mich nicht früher ausgewiesen hätte: dazu gab es keinen Grund – ich wurde nie dazu aufgefordert, habe kommunziert wer ich bin, und hatte dann am Minoritenplatz (mit auf den Rücken gedrehtem Arm) auch gar keine Möglichkeit mehr dazu.

Im Übrigen war zumindest einem Beamten am Minoritenplatz meine Identität sehr wohl bekannt: meine Freundin sprach während meiner Anhaltung mit einem Beamten, der weiter hinten am Platz stand und fragte nach, was denn nun geschehe. Er antwortete, dass “die Frau Nationalratsabgeordnete” nun einer Identitätsfeststellung unterzogen würde. Auf die Frage, warum das nötig sei, wenn eh bekannt wäre, wer ich bin, antwortete der Beamte, dass sein Kollege das möglicherweise nicht wisse.

Und noch mal die Polizei:

Laut Polizei liegt keine strafrechtliche Anzeige vor, da Maurers Immunität als Nationalratsabgeordnete greift. Maurer kündigte hingegen die parlamentarische Bearbeitung der Vorgänge durch den grünen Justizsprecher Albert Steinhauser an.

Gestern nachmittag, kurz nach 14 Uhr, erhielt ich noch von einem Beamten der Dienststelle Schmerlingsplatz telefonisch die Auskunft, dass eine Anzeige wegen Störung einer Versammlung vorliegt. Aufgrund meiner Immunität wäre aber der Verfassungsschutz damit betraut und ich müsse mich dort um weitere Informationen bemühen. Das habe ich versucht, bisher ist es nicht gelungen weitere Informationen zu erhalten. (Meine Nachfrage nach der Dienstnummer des Beamten, der mich mitgenommen hatte, verlief übrigens ergebnislos: die Listen mit den Dienstnummern wären etwas chaotisch, es wäre nur der Name sichtbar und der darf nicht herausgegeben werden.)

Ganz grundsätzlich obliegt es nicht der Polizei, zu beurteilen, ob meine Immunität als Abgeordnete greift oder nicht – das entscheidet der Immunitätsausschuss im Parlament. Wenn die Polizei von einer Straftat meinerseits (inklusive Fluchtversuch!) ausgeht, was sie ja medial zu verdeutlichen versucht, muss sie die Sache an die Staatsanwaltschaft weitergeben. Wenn diese weiter ermitteln will,  muss sie sich mit einem Auslieferungsbegehren an die Oberstaatsanwaltschaft und den Justizminister wenden. Wenn der Immunitätsausschuss der Auslieferung zustimmt – was er bei den Vorwürfen der Polizei (auch wenn sie falsch sind) sehr wahrscheinlich tun würde – könnten weitere Ermittlungsschritte gesetzt bzw. in weiterer Folge ein Prozess begonnen werden.

Die Polizei sagt nun also, es liegt keine Anzeige vor. Das wundert mich: entweder, ich wurde (aus Sicht der Polizei) strafffällig – dann bin ich zu verfolgen. Oder aber ich wurde es nicht, und die Schilderung der Ereignisse durch die Polizei entspricht nicht der Wahrheit. Wenn es richtig ist dass ich nicht angezeigt werde, ist das für mich ein Schuldeingeständnis.

Wie bereits gestern angekündigt, wird es eine parlamentarische Bearbeitung der Vorfälle durch meinen Kollegen Albert Steinhauser, den grünen Justizsprecher geben.