Wahlmanipulationen: Warum E-Voting keine Option sein kann

Die aktuellen (völlig absurden) Diskussionen zu angeblichen Manipulationen bei der Präsidentschaftswahl zeigen sehr gut, warum E-Voting absolut keine Option sein kann.

Einer der Grundsätze im Wahlrecht ist, dass für alle Bürger_innen verständlich und nachvollziehbar sein muss, wie gewählt und ausgezählt wird, wann eine Stimme gültig ist etc. Das scheint im jetzigen System für manche auch schon eine Herausforderung zu sein, dennoch lässt sich jede auftauchende angebliche Ungereimtheit leicht klären: in jedem Wahlsprengel sind Beisitzer_innen der Parteien plus Beamte vor Ort, es wird auf Papier ein Protokoll geführt, im Wähler_innenverzeichnis wird ausgestrichen wer schon gewählt hat und notiert wem eine (unausgefüllte) Wahlkarte abgenommen wurde. Es ist nach der Wahl jederzeit prüfbar, ob der Wahlvorgang korrekt verlaufen ist.

Das System – ein physischer Stimmzettel = eine Stimme – ist sehr einfach und in Kombination mit den oben erwähnten Protokollierungen sehr sicher. Bei der Auszählung werden zuerst alle Kuverts gezählt und mit der Zahl im Protokoll verglichen. Beim Öffnen der Kuverts wird kontrolliert, ob etwa zwei oder mehrere Stimmzettel enthalten sind (kommt so gut wie nie vor). Die Zahl der einzelnen Stimmzettel muss wiederum mit jener der Kuverts und jener der Zahl im Protokoll übereinstimmen. Ein solches System zu manipulieren ist kaum möglich, der Aufwand wäre viel zu groß, um ein paar Stimmen mehr zu ergattern. Beim Zählen selbst schauen sich die Beisitzer_innen gegenseitig auf die Finger, aber auch wenn eine Stimme zB fälschlicherweise für VdB statt für Hofer gezählt wurde: die Stimmzettel können jederzeit wieder neu gezählt werden.

Nehmen wir an, wir hätten E-Voting: Stimmen könnten nicht neu ausgezählt werden – das Wahlergebnis würde von einem Computer ausgespuckt. Es gäbe nur elektronische Protokolle darüber, wer seine Stimme abgegeben hat und wer nicht (wobei ganz grundsätzlich nicht sichergestellt ist, dass vor dem Bildschirm geheim und persönlich gewählt wurde. Das ist übrigens auch bei den Wahlkarten ein großes Problem). Die Beweisführung, dass nicht manipuliert wurde, wäre unmöglich: was in der Black Box Computer passiert, ist bestenfalls für Expert_innen verständlich, und auch diese könnten Manipulationen nie ganz ausschließen. Die virtuellen Daten sind den papierenen Stimmzetteln in dieser Hinsicht weit unterlegen: das System “ein Zettel – eine Stimme” braucht kein Informatikstudium zum Verständnis.

Auch wenn derzeit viele Bürger_innen den “Wahlbetrug!”-Rufen von Heinz-Christian Strache folgen: der Wahlmodus ist auf allen Ebenen nachvollziehbar (vorausgesetzt man will verstehen…), das wäre bei E-Voting nicht der Fall: die Manipulationsvorwürfe könnten für verunsicherte Bürger_innen kaum glaubwürdig widerlegt werden. Den Behauptungen der FPÖ wäre wenig entgegenzusetzen, das Vertrauen in das Wahlsystem und die Demokratie weiter erschüttert.

Merken wir uns also bitte diese absurden Debatten zur angeblichen Wahlmanipulation für die nächste “Wir brauchen E-Voting”-Diskussion um klar zu machen: E-Voting kann keine Option sein.