Dieses Parlament nimmt sich nicht ernst

Die Farce, die sich um die Wahl der Rechnungshof-Präsidentschaft abgespielt hat, zeigt nicht nur den fatalen Zustand der Regierung, sondern vor allem jenen des Parlaments.

Wie ernst nimmt sich ein Parlament, das ein Hearing abhält, dessen Ergebnis für die Entscheidung der Abgeordneten aber offensichtlich völlig gleichgültig ist?
Wie ernst nehmen sich Abgeordnete die ganz offensichtlich gegen ihre eigene Überzeugung eine mittelmäßig qualifizierte Parteigängerin zur obersten Kontrolleurin berufen?

Die Rechnungshof-Präsidentschaft ist kein Job, den die Regierungsparteien zu vergeben haben. Der Rechnungshof ist ein Organ des Parlaments. Und nicht umsonst wird die Position, um die Unabhängigkeit zu garantieren, auf 12 Jahre gewählt. Ein Zeitraum, in dem – aus heutiger Perspektive – der Nationalrat noch drei mal neu gewählt wird. Die Abgeordneten sollten größtes Interesse daran haben, eine starke, integere Persönlichkeit an seiner Spitze zu haben. Tatsächlich wurde, obwohl erstmals ein öffentliches Hearing abgehalten wurde, letztlich wieder parteipolitisch gepackelt. Dass ein solches Hearing nicht zum Spaß abgehalten wird haben Grüne und neos gezeigt: beide haben sich danach von ihrer Kandidatin verabschiedet und sich für den besten Kandidaten entschieden.

Dass die FPÖ keinerlei Interesse an parlamentarischen Prozessen hat, hat sie wieder einmal eindrucksvoll bewiesen: Als einziger Klubobmann nahm Strache gar nicht am Hearing teil, auch Lugar kam nur, um sich Steger anzusehen.

Lopatka – House of Cards für gar nicht so Arme

Vor wenigen Wochen hat Lopatka noch in einem Kommentar unabhängige Kandidat_innen gefordert, Kern unterstrich das mit seiner Forderung, niemand aus einem Polit-Büro. Lopatka hatte zu diesem Zeitpunkt noch auf Griss abgezielt, die aber absagte. Die plötzliche Entdeckung der Frauenförderung war natürlich nur ein strategisches Manöver: Lopatka wusste von Anfang an dass Gerhard Steger, langjähriger Chef der Budgetsektion im Finanzministerium, der mit Abstand qualifizierteste Kandidat sein würde. Steger ist so gut, er ist gefährlich. Einzige Möglichkeit ihn komplett zu umgehen war die Festlegung auf eine Frau.

Die SPÖ sollte dazu erpresst werden, die ÖVP-Kandidatin zu wählen – und das hat sich diese ja auch wunderbar gefallen lassen. Statt einer unabhängigen Kandidatin nominierte er die schwarz-blaue Helga Berger und die farblose, aber offensichtlich övp-treue Margit Kraker. Die SPÖ hatte damit nur mehr die Wahl zwischen Pest und Cholera.

Muss sie einem deshalb leid tun? Sicher nicht. Dass sie sich diese Erpressung gefallen lassen hat und nicht in der Lage war, Lopatkas Provokation abzuwehren zeigt nur einmal mehr, wie schlecht der Zustand dieser Partei ist – Kern konnte hier offensichtlich auch nichts ausrichten, Klubobmann Schieder hat versagt.

Ob die ÖVP gestern im Hauptausschuss tatsächlich Berger gewählt hätte, wenn die SPÖ im zweiten Wahlgang nicht umgeschwenkt wäre? Davon ist auszugehen. Klar ist: das Team Stronach wäre mitgegangen und hätte den schwarz-blauen Pakt ermöglicht.

Straches Werk und Lopatkas Beitrag

Lopatka hat gewonnen: SPÖ gedemütigt (wieder einmal mit tatkräftiger Unterstützung ihrer selbst), Signale an die FPÖ gesendet, seine eigene Kandidatin durchgesetzt. Er leistet damit auf seine Weise einen gewichtigen Beitrag zum FPÖ-Projekt der Beschädigung des Parlaments, der Demokratie und der Glaubwürdigkeit öffentlicher Institutionen. Wie lange wollen die anderen ÖVP-Abgeordneten dabei noch zusehen?