Ja, ich kandidiere für die Grünen für den Nationalrat. Ich vermute, das ist jetzt nicht soo die Riesenüberraschung, Spekulationen gab es ja schon lange. Aber ich wollte diese ja nicht ganz unwichtige Entscheidung in Ruhe selbst treffen.
Warum ich kandidiere:
In meiner Zeit als ÖH-Vorsitzende habe ich hautnah erlebt, wie Politik in Österreich funktioniert. Sie funktioniert nämlich nicht. Bei unserem ersten Termin mit dem damaligen Wissenschaftsminister Hahn begrüßte er uns mit den Worten “Ja, Sie sind ja nicht von meiner Fraktion”. Bei den folgenden Terminen planten wir immer 10 Minuten dafür ein, ihm (möglichst unauffällig) zu erklären, worums überhaupt geht. Fachkenntnis war genauso wenig vorhanden wie Interesse. Dieses Bild setzte sich fort – in Scheinverhandlungen mit Faymann und Pröll, in Diskussionen mit den Rektor_innen, bei den Protesten gegen die Kürzung der Familienbeihilfe, beim Hochschuldialog.
Begleitet wurden diese Eindrücke von den Erzählungen frustrierter Beamt_innen, deren Vorschläge und Expertise es nur sehr selten in die höheren Sphären der Ministerien schaffen. Von Journalist_innen, die zum zigsten Mal die selben Geschichten zu Studiengebühren und Zugangsbeschränkungen schrieben. Und von tausenden Studierenden, die nicht verstehen konnten, dass sich die Verantwortlichen so einfach aus der Affäre ziehen konnten.
Die öffentliche Debatte bleibt in Österreich stets an der Oberfläche. Die Maßnahmenpakete der Regierung dienen oft nicht nur der politischen Verwaltung eines schlechten Ist-Zustandes sondern verschärfen grundlegende Probleme noch weiter. Österreich ist ein Land des Wurschtelns.
Ich bin überzeugt: Damit sich langfristig etwas zum Besseren bewegen kann, muss Politik radikal sein im wahrsten Wortsinn – an die Wurzel gehend. Das bedeutet ganz genau hinzusehen, um Probleme dort erkennen und ansprechen zu können wo sie entstehen. Und es bedeutet jenseits von Sachzwängen und kurzfristigen Machbarkeitsanalysen politische Ziele zu formulieren und sie konsequent zu verfolgen. So dreht sich etwa die öffentliche Debatte zum Hochschulsystem immer nur um Zugangsbeschränkungen und Studiengebühren, anstatt darum, wie wir möglichst vielen Menschen den Zugang zu höherer Bildung öffnen können.
Politik hat einen beschissenen Ruf. Bei Diskussionen in Lehrveranstaltungen bekomme ich manchmal das Gefühl, Politik wäre etwas anrüchiges, etwas das man_frau nicht tut. Dass 2013 viele Wähler_innen Stronachs Erzählung von Wirtschaftskompetenz aufsitzen werden*, kommt nicht von ungefähr – ein Fünftel wünschte sich bei der Wertestudie 2009 einen “starken Mann”, der sich nicht um Parlament und Wahlen kümmern muss. Ich traue mich wetten, der Wert wäre heute noch höher. Für ein Land, das sich der Aufarbeitung seiner Geschichte weitgehend verweigert hat, kommt das nicht ganz unerwartet. Aber es kann so nicht bleiben.
Ich will und werde nicht Zuschauerin sein in diesem Prozess. Ich habe beschlossen für den Nationalrat für die Grünen zu kandidieren um diesem Politikstil und der inhaltlichen Leere österreichischer Politik etwas entgegenzusetzen.
In den nächsten Wochen und Monaten werde ich auf diesem Blog genauer beschreiben, wofür ich kämpfen will, welche Rolle social media im parlamentarischen Prozess spielen könnte und viele andere Gedanken zu Politik und Gesellschaft.
Ich kandidiere in Tirol auf Platz zwei und im Bund voraussichtlich ab Platz drei. Dabei entscheiden jeweils die Landesversammlung bzw. die Delegierten für die Bundesversammlung wer auf welchen Platz gereiht wird. Drückt mir die Daumen!
*damit rechne ich fix, außer es taucht noch eine gröbere Steuerhinterziehung oder ähnliches auf…